17. Juli ’16
Wir sind entsetzt. Mit der „Durchführungsverordnung (EU) Nr. 2016 / 1141 vom 13.07.’16“ zur „EU-Verordnung Nr. 1143 / 2014 vom 22.10.’14 zu invasiven Arten“ ist der mittlerweile bei uns heimisch gewordene Waschbär als „gebietsfremde Art“ offiziell zur Ausrottung freigegeben.
Die Verordnung tritt bereits am 03. Aug.’16 in Kraft und betrifft nicht nur den Waschbär, sondern auch verschiedene Pflanzen- als auch weitere Tierarten wie z.B. die Nutria, die Schwarzkopf-Ruderente oder den Heiligen Ibis.
Man nennt es „Populationskontrolle“ – mit verschiedenen nicht-tödlichen aber auch tödlichen Maßnahmen.
Privathalter und Waschbärenfreunden ist es in einer Übergangszeit erlaubt, ihre Bären bis zu deren Lebensende in festen, ausbruchssicheren Gehegen zu halten. Sie müssen kastriert und gekennzeichnet werden.
Dazu bedarf es aber einer Genehmigung der zuständigen Behörde. Diese wird, wenn überhaupt, nur übergangsweise ausgestellt und kann jederzeit entzogen werden. Weiterer Haken dabei: Im Antrag auf Genehmigung zur privaten Haltung von Waschbären muss eine wissenschaftliche Begründung vorliegen! Für Privathalter schier unmöglich. Reichen die angegebenen wissenschaftlichen Begründungen nämlich nicht aus, so erfolgt der Entzug der Tiere nach dem Vorsorgeprinzip und den Haltern wird das Tier weggenommen und getötet.
Nach der Übergangszeit dürfen keine privaten Halter mehr Waschbären aufnehmen, versorgen und halten. Auch nicht unter Verschluss.
Jedes Jahr werden hunderte hilflose kleine Waschbärbabys gefunden und von Tierfreunden aufgezogen. Ursprünglich war es erlaubt, hilflosen Wildtieren zu helfen, wenn sie später wieder der Natur zugeführt wurden. Der Waschbär zählte allerdings nicht dazu und durfte unter anderem in Hessen nicht mehr ausgewildert werden.
Diese neue Verordnung bedeutet nun das endgültige Aus für die Waschbären und andere gelistete Arten.
Die Waschbären hatten schon immer nur wenig (wenn überhaupt) Rückhalt in der menschlichen Gesellschaft. Sie wurden noch nie gerne gesehen und stattdessen gehasst, gejagt und getötet. Nur wenige Tierfreunde fühlten sich verpflichtet, ihnen zu helfen.
Doch es war schließlich der Mensch, der diese Tierart ursprünglich in Deutschland ansiedelte – und er ist damit auch für ihre Population verantwortlich. Aber statt frühzeitig sinnvolle und humane Maßnahmen zur Populationskontrolle zu ergreifen, fasst der Mensch nun den Entschluss, diese Tiere auszurotten. Unfassbar.
Gegen das derzeitige Tierschutzgesetz verstößt diese Verordnung anscheinend nicht, und selbst wenn sie in Konflikt steht, wird sich kaum jemand für diese Tierart öffentlich einsetzen.
Es ist erschreckend und traurig zugleich. Gegen die unkontrollierte Vermehrung unserer Haus- und Streunerkatzen und für eine zur Populationskontrolle mehr als dringend notwendige, bundesweite Kastrationspflicht laufen Tierschutzorganisationen seit Jahren gegen politische Mauern und ernten teilweise noch Hohn und Spott für ihr Anliegen. Doch wenn es darum geht, eine Tierart auszurotten, wird relativ schnell eine Verordnung erlassen und umgesetzt.
Wir sind wütend, traurig und hilflos zugleich. Und machen uns Gedanken, welche Tierarten wohl in den nächsten Jahren noch auf diese Liste kommen werden …
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Waschbär / © Eric Issele – Fotolia.com